VW-Skandal - wie verhalte ich mich, wenn ein Käufer sein Auto reklamiert?
Wenngleich wir nicht, wie die meisten, automatisch von kaufrechtlicher Mangelhaftigkeit ausgehen, empfehlen wir, sich dennoch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht so zu verhalten, als läge ein Mangel vor, auch wenn noch nicht genau klar ist, worin der Mangel besteht, denn im Labor werden die Werte ja wohl erreicht und um die Laborwerte geht es zunächst. Diese weichen bekanntermaßen von den Werten im normalen Fahrbetrieb erheblich ab. Dies hängt auch mit Manipulationen zusammen, die es schon immer gab und auch bekannt waren. Teilweise waren sie ja sogar zulässig. In welchem Umfang Manipulationen zulässig waren, steht derzeit nicht fest.
Auch hier wird es hilfreich sein, wenn der Käufer VW als Ansprechpartner wahrnimmt. Dass wird auch so sein, denn VW geht ja aktiv auf betroffene Fahrzeuginhaber zu. Viele Käufer nehmen den VW-Skandal zudem auch eher als Hersteller-Problem und nicht als Verkäufer-Problem war. Je mehr Zeit vergeht, desto höher ist daher die Wahrscheinlichkeit, dass der Käufer von sich aus zu VW geht oder einem Herstellerrückruf folgt, um sein Fahrzeug nachbessern zu lassen. Jeder Käufer, der sich an VW wendet, ohne dass Sie ihn aktiv zu VW geschickt haben, bedeutet die Reduzierung ihres Haftungsrisikos.
Wenn der Käufer von sich aus und ohne Ihre Kenntnis zu VW geht und die Nachbesserung durchführen lässt, stellt sich die Frage, ob dies grundsätzlich als Selbstvornahme zu werten ist.
Wenn die Nachbesserung also mit einem Leistungsverlust o.ä. einhergeht ist, kann man zwar argumentieren, dass Ihnen dies nicht unbedingt, angelastet werden kann, da Sie die Nachbesserung weder durchgeführt, noch durch Verweis an die VW-Werkstatt veranlasst haben. Ob jedoch in der vorliegenden Konstellation die Grundsätze der unberechtigen Selbstvornahme uneingeschränkt zur Anwendung kommen, können wir nach bisherigem Sach- und Informationsstand nicht verlässlich prognostizieren. Wenngleich wir grundsätzlich keinen Rechtsstreit empfehlen würden, der sich bei der Abwehr von Ansprüchen nur auf die Argumente „Selbstvornahme“ und „veränderter Übergabezustand“ stützt, so könnte diese Sachlage zumindest eine gute Verhandlungsposition ergeben.
Leider befinden Sie sich momentan in einer schwierigen rechtlichen Situation, in der jedwede Reaktion rechtliche Folgen haben kann: Eine Verhandlung über den Nachbesserungsanspruch hat verjährungshemmende Wirkung. Ein Anerkenntnis führt zur Einstandspflicht. Eine Verweigerung kann zum Rücktritt führen.
Das Heft des Handelns in die Hand nehmen! Es gilt also wie gewohnt, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und dem reklamierenden Kunden ohne ausufernde rechtliche Diskussionen bei der Linderung oder Beseitigung des Übels zu helfen. Dabei kommen dann die Vertragswerkstätten ins Spiel, die in Kürze auf die Situation vorbereitet sein werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass Ihre Hilfsbereitschaft nicht als Anerkenntnis von Mangelhaftigkeit und Einstandspflicht verstanden wird, was gewöhnlich der Fall ist.
Kundeninformationsblatt: Daher hat der BVfK ein spezielles Kundeninformationsblatt entworfen, welches ab kommender Woche im Mitgliederbereich der BVfK-Website zu finden ist. Es steht allen BVfK-Mitgliedern -und nur diesen- kostenfrei zur Verfügung. Legen Sie dieses Informationsblatt Ihren Kunden vor (nicht allen, sondern nur denjenigen, die reklamieren) und lassen sich den Empfang und die Kenntnisnahme bestätigen.
Im Informationsblatt wird nun auch das weitere Vorgehen hinsichtlich Umbau oder Umprogrammierung in den Vertragswerkstätten beschrieben. Diese begleiten Sie sinnvollerweise, insbesondere bei EU-Importen, wo mit Komplikationen der vermutlich sehr gestressten Vertragshändler zu rechnen ist. Schnell kann es dann zu Situationen kommen, die als Verweigerung ausgelegt werden, was dem Verkäufer dann zugerechnet würde.
Bei Käufern, die auf eine konkrete Reaktion Ihrerseits bestehen, insbesondere, da es ihnen zu lange dauert, bis VW die Maßnahmen durchgeführt hat, wird es schwierig und es stellt sich die Frage, welche Reaktion die besseren Rechtsfolgen hat bzw. was das geringere Übel ist.
Bei renitenten Käufern sollten Sie in Betracht ziehen, den Kunden auf andere Weise zufrieden zu stellen. Eine einvernehmliche Lösung kann viel Stress und auch Kosten ersparen. So kann es manchmal ratsam sein, dem Käufer eine Preisminderung anzubieten. Beim Finden der wirtschaftlichsten Lösung für Sie muss bedacht werden, dass ein Streit oftmals mit hohen Rechtsberatungskosten verbunden ist, die man auch zum Wohlbefinden des Kunden hätte verwenden können.
Falls Sie bereits von einem Anwalt angeschrieben wurden, empfehlen wir Rücksprache mit der Rechtsabteilung zu halten, da in diesem Fall besondere Vorsicht mit der Wortwahl und Reaktion bzw. Nicht-Reaktionen geboten ist.
Was ist, wenn die Maßnahmen von VW scheitern, oder Folgeprobleme nach sich ziehen?
Vielfach wird davon ausgegangen, dass die Fahrzeuge später mehr Kraftstoff verbrauchen und andere Leistung verlieren. Der BVfK hält es im Moment nicht für sinnvoll, diese Situation hypothetisch durch zu spielen, da eine Vielzahl von Problemen mit unterschiedlicher Wirkung denkbar ist. Wenngleich es auch dann gilt, seinen Kunden hilfreich zu begleiten, sollten wir bereits jetzt die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Abwehr von Ansprüchen im Auge haben. Zentrales Argument dürfte dann die Verjährung werden, sofern diese nicht gehemmt wurde. Wäre dies der Fall, müsste man auch hier abwarten, wie sich aus der nunmehr veränderten Situation Ansprüche gegen den verkaufenden Händler rechtlich begründen lassen. Viele rechnen mit geringerer Motorleistung oder höherem Kraftstoffverbrauch. Welche Toleranzen gelten für welche Rechtsfolge? Fällt dies auf den Verkäufer als Mangelfolgeschaden zurück? Sie sehen, verehrte BVfK-Mitglieder, es gibt viele Fragen, die wir in Ihrem Interesse im Zusammenhang mit der VW-Abgasaffäre hoffentlich nie klären müssen.